Publikationen (ab 1989)

Hellmuth Metz-Göckel






Publikationen

Metz-Göckel, Hellmuth, Herget, Ferdinand, Kriz, Jürgen & Plaum, Ernst (Hrsg.). (2008).
Gestalttheorie aktuell. Handbuch der Gestalttheorie. Band 1.
Wien: Verlag Krammer, ISBN: 978 3 901811 36 4

Vorwort
Die Gestalttheorie erlebt eine Renaissance. Ihre zentrale These der ganzheitlichen Organisation des Psychischen erweist sich dort als fruchtbar, wo es um die Erklärung von Komplexität, Emergenz oder Selbstorganisation geht. Viele neuere theoretische Entwicklungen in der Psychologie sind unerkannt und ungenannt an gestalttheoretische Konzeptionen angelehnt. Das gilt für große Bereiche der Allgemeinen Psychologie (Lernen, Gedächtnis etc.), der Sozialpsychologie (Gruppenprozesse, Personwahrnehmung, Einstellungen und Vorurteile bzw. social-cognition-Forschung u.a.). Auch in anderen Fächern wie der Germanistik, der Kunsttheorie oder der Philosophie, greift man auf gestalttheoretische Erkenntnisse zurück. Dieser Befund macht es notwendig, eine Brücke zwischen der aktuellen wissenschaftlichen Diskus-sion und den Grundlagen, Weiterentwicklungen und Anwendungen der Ge-stalttheorie zu schlagen. Der vorliegende Band stellt die Grundlagen der Gestalttheorie dar und verdeutlicht sie anhand von Forschungsergebnissen. Er zeigt an vielen Beispielen, wie gestalttheoretisches Denken in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen von Nutzen sein kann, besonders wenn es sich um relativ neue Entwicklungen handelt. Hierfür können die Sprachwissenschaft und die Musikologie besonders gute Beispiele abgeben. Darüber hinaus wird gezeigt, dass sich die Gestalttheorie in zentralen Punkten weiter entwickelt hat. Einige der klassischen Annahmen haben Fortschreibungen erfahren, insbesondere im Rahmen der Systemtheorie, speziell der Synergetik. Auch wurden ihre Annahmen weiter differenziert und auf neue Anwendungsfelder übertragen, etwa auf die Entwicklungspsychologie und ihre Anwendung auf spezielle Funktionsbereiche, die Erkenntnisse zum Problemlösen als Basis für didaktische Empfehlungen und Anwendungen von Grundlagenerkenntnissen auf Unterrichtsgestaltung und auf kunstpsychologische Fragestellungen.

Im einführenden Beitrag von Hellmuth Metz-Göckel (Einführung in die Gestaltpsychologie) werden Grundlagenerkenntnisse der Gestaltpsychologie, dargestellt. Hier werden die grundlegenden Prinzipien, die die Person-Situation bestimmen, wie Feld- oder Ganzabhängigkeit des psychischen Geschehens, Gleichgewichtstendenz, Selbstorganisation etc. eingeführt. Diese Annahmen sind bereits vom Charakter her systemisch und gehen auf die erste und zweite Generation von Gestalttheoretikern zurück. Anhand einer Differenzierung des psychologischen Gesamtfeldes werden dann zum Teil auch neuere Forschungsansätze und empirische Ergebnisse behandelt, die mit diesen Grundannahmen in Einklang sind. Die Beispiele entstammen weitgehend der Allgemeinen und der Sozialpsychologie, ließen sich aber leicht auf andere Subdisziplinen erweitern, wie verschiedene andere Beiträge des Bandes zeigen.

Der Beitrag von Jürgen Kriz (Gestalttheorie und Systemtheorie) schließt zwar an die grundlegenden Prinzipien an, schreibt sie aber insofern fort, als er Erkenntnisse neuerer interdisziplinärer Systemtheorien, in besonderem Maße der Synergetik, aufgreift und zeigen kann, dass hier Parallelen zwischen Grundlagenerkenntnissen der Gestalttheorie und der Systemthe-orie vorliegen. Im Mittelpunkt stehen hierbei Prozesse der Selbstorganisation und der Top-down-bottom-up-Interaktion. Er sieht zunächst Gründe für mangelnde Akzeptanz von sowohl Gestalttheorie wie auch neuerer Systemtheorie in dem aktuellen Wissenschaftsprogramm, das auf einem mechanistischen Weltbild aufbaut. Spezifische System-Umwelt-Verhältnisse mit ganzheitlich-dynamischen Eigenschaften und der Herausbildung eigener Ordnung aufgrund inhärenter Strukturen sind diesem Denken fremd. Zwei Konzepte der modernen Systemtheorie, nämlich Emergenz und Attraktor, gelten auch für die Gestalttheorie, die dort mit Begriffen wie Unmittelbarkeit psychischer Phänomene und Gleichgewicht bzw. Prägnanz belegt sind. Hinzu kommen Prozesse der Vernetzung, Rückkoppelung und Komplettierung, die zum Teil auf zukünftige Attraktoren hinauslaufen, wobei teleologische Prinzipien wirken können, die auch für menschliches Erleben und Verhalten charakteristisch sind. Die Grundgedanken werden an einer Reihe von Beispielen sowohl aus der Physik wie auch - ausführlicher - aus der Psychologie veranschaulicht. Hier ist interessant, wie sich wohlbekannte psychologische Erkenntnisse aus dieser Perspektive neu darstellen.

Michael Stadler, Peter Kruse und Daniel Strüber (Struktur und Bedeutung in kognitiven Systemen) befassen sich - ebenfalls auf dem Hintergrund neuerer Systemtheorie - mit der Frage, wie Bedeutung entsteht. Das grundlegende Problem, wie aus externen Reizen bedeutungsvolle Objekte werden, kann ihrer Meinung nach nur durch die kognitive Dynamik erklärt werden. Stabile Ordnungszustände in kognitiven Systemen sind Attraktoren, die erreicht werden oder sich herausbilden, und diese Attraktoren sind die Träger von Bedeutungen. Nach der Theorie synergetischer Phasenübergänge bilden sich nach Instabilitäten in selbstorganisierter Weise solche Ordnungsstrukturen heraus. Diese Annahme ist mit Beobachtungen von Auffassungswechsel (in der Wahrnehmung und im Denken) bei bi- oder multistabilen Konfigurationen (z.B. die Auffassungswechsel beim Necker-Würfel) in Einklang. Für die Bedeutungsgenese wird ein in der Synergetik entwickeltes Modell herangezogen, das top-down-Wirkungen mit bottom-up-Prozessen verbindet. (z.B. kann die Wahrnehmung stroboskopischer Bewegungen durch unterschwellige Zusatzinstruktionen beeinflusst werden.) Diese Annahmen zur Attraktorwirkung werden durch die Reinterpretation von Ergebnissen aus Lern- und Gedächtnisexperimenten unterstützt, nach denen eine Organisationsstruktur des Lernstoffes (also eine Attraktorstruktur) zu erheblich schnelleren Lerneffekten führt, und Attraktorstrukturen, die Bedeutung repräsentieren, weniger leicht vergessen werden.

Der Beitrag von Marianne Soff "Entwicklungspsychologie unter einer gestalttheoretischen Perspektive" befasst sich zunächst mit Beiträgen der Gestalttheorie zu dieser psychologischen Disziplin. Es gibt nur ein direkt dieser Thematik gewidmetes Buch von Kurt Koffka, so dass man meinen könnte, die Gestalttheoretiker hätten diesen psychologischen Gegenstand vernachlässigt. Die Autorin kann aber auf viele entwicklungspsychologische Ansätze in den Schriften der bekannten Gestalttheoretiker verweisen, insbesondere bei Wolfgang Metzger (u.a. in einem Kapitel seines Buches ‚Psychologie') und bei Kurt Lewin. Besonders dessen Ausführungen zu den Veränderungen des Lebensraums - Ausweitung, Differenzierung, Organisation, Flüssigkeit - sind direkt auf Entwicklung bezogen. Anschließend erarbeitet die Autorin unter zusätzlicher Berücksichtigung anthropologischer und erkenntnistheoretischer Aspekte eine allgemeine, gestalttheoretisch orientierte Entwicklungspsychologie. Der zweite Teil des Beitrags befasst sich beispielhaft mit der Autonomie-Entwicklung bei der die gestalt-theoretischen Grundprinzipien (Differenzierung, Selbstorganisation, Entwicklung in Richtung auf ausgezeichnete Zustände etc.) zum Tragen kommen. Es werden verschiedene Autonomie-Konzeptionen vorgestellt und dann diejenige von Jane Loevinger mit Aussagenbeispielen aus empirischen Untersuchungen ausführlich behandelt. Der Beitrag schließt mit Überlegungen über günstige Voraussetzungen für die Autonomie-Entwicklung, in denen die Auffassungen von Wolfgang Metzgers über den ‚Umgang mit Lebendigem' eine besondere Rolle spielen.

Im Beitrag von Ferdinand Herget (Einsichtiges Denken und Lernen - gestaltpsychologische Beiträge zur Denkpsychologie und zur pädagogischen Psychologie) wird gefragt, inwieweit gestalttheoretische Erkenntnisse zum Problemlösen, genauer zum einsichtigen Lernen, für Fragen der Vermittlung im Schulunterricht fruchtbar gemacht werden können. In einer Auseinandersetzung mit neuerer Lehr-Lern-Forschung identifiziert er die Schwachpunkte der verschiedenen Ansätze und hebt hervor, dass sie alle das Prinzip der Strukturiertheit des Psychischen nicht angemessen berücksichtigen. Zunächst geht er auf Grundlagenerkenntnisse ein: Es werden Phasen und Komponenten des Problemlöseprozesses, wie Zentrierung, Umstrukturierung, Heurismen u.a. dargestellt. Daraus werden dann Überlegungen zur inhaltlich-methodischen Umsetzung im Unterricht abgeleitet, wobei die Auffassung zugrunde liegt, dass die im Schüler ablaufenden Prozesse Problemlösungsversuche darstellen. Die optimale didaktische Organisation wird dann als ein aus den Komponenten gebildeter Kegel dargestellt, und Leitfragen zu den einzelnen Ebenen führen dann zu Empfehlungen hinsichtlich der methodischen Realisierung im Unterricht.

Hellmuth Metz-Göckel behandelt in seinem Beitrag "Social cognition - Die Bedeutung sozialen Wissens" ein Segment aus der sozialpsychologischen Forschung. Es wird zunächst herausgestellt, dass unsere sozialen Interaktionen durch Einstellungen, Motive und Gedächtnisbestände beeinflusst sind, so auch die soziale Wahrnehmung, d.h. die Wahrnehmung anderer Personen oder die Wahrnehmung sozialer Ereignisse. Als Hintergründe dieser Wahrnehmungen werden Gedächtnisstrukturen identifiziert, die sich dem Schema-Begriff unterordnen lassen. Dazu zählen auch die Vorurteile und sozialen Stereotype. An ihnen lassen sich gestalthafte Eigenschaften erkennen, z.B. die Ergänzung auch beim Vorliegen lediglich von Teilinformationen oder die Hinzufügung schemakongruenter Information, die nicht in der Lernsituation enthalten war. Im zweiten Teil wird einer Entwicklung der Forschung Rechnung getragen, die davon ausgeht, dass große Teile des psychischen Geschehens automatisch und ohne Kontrolle durch das Subjekt ablaufen. Hierzu werden eine Reihe von Untersuchungen berichtet, in denen Stereotypmerkmale subliminal dargeboten werden und dann aber dennoch Auswirkungen auf Erleben und Verhalten der Person in sozialen Situationen und bei der Beurteilung von Personen haben. Abschließend wird überlegt, ob wir denn den automatischen Tendenzen ausgeliefert seien. Es wird - mit Belegen aus der Literatur - die Auffassung vertreten, dass ein bewusstes Ich immer noch Korrekturen bei für falsch gehaltenen Einstellungen und bei unangemessenem Verhalten anbringen kann.

Ernst Plaums äußert sich in seinem Artikel "Zum Wunsch nach guter Menschenkenntnis und vom mühsamen Erarbeiten einer realitätsgerechten psychologischen Diagnostik". Ausgehend vom Problem der Menschenkenntnis macht er sich Gedanken über gute Diagnostik. An einem Beispiel demonstriert er die Komplexität psychischen Geschehens, das immer multifaktoriell determiniert ist. Auf diesem Hintergrund arbeitet er dann Grundsätze oder Kriterien angemessener Psychodiagnostik heraus. Im Einklang mit gestalttheoretischen Prinzipien fordert er eine Diagnostik, die die Beziehung zum Alltag nach Möglichkeit aufrechterhält, und dabei der Situationsspezifität von Verhalten und Erleben sowie der Ganzheitlichkeit des menschlichen Individuums gerecht zu werden vermag. Er beklagt entsprechend auch die in der Psychologie weit verbreitete messende, auf Normen basierende Diagnostik, die alle weiteren relevanten Einflüsse auf die Person außer Acht lässt, aber neuerdings in der berufspolitischen Diskussion betont wird. Er fordert dagegen eine Vorgehensweise, wie sie in den experimentellen Untersuchungen der Lewin-Schule vorgenommen wurde. Es werden dann diagnostische Verfahren, die insbesondere auf Gottschaldt zurückgehen, vorgestellt, die den gestalttheoretischen Kriterien eher entsprechen.

Jurgis Skilters gibt in seinem Beitrag "Sprache, Gestalttheorie und Semantik" einen Überblick über die theoretische Entwicklung und Diskussion in der Linguistik bzw. Semantik. Aus gestalttheoretischer Sicht sind alle ‚objektivistischen' oder ‚strukturalistischen' Anätze falsch, denn sie sind von der Konzeption her atomar, und sie ignorieren die Rolle, die dem Sprachbe-nutzer zukommt. Bedeutungszuweisung ist ein subjektiver Prozess, darüber hinaus ist sie stets kontextbedingt. Weitere Bezüge zur Gestalttheorie werden hergestellt: Bedeutung ist bereits in der Wahrnehmung enthalten bzw. Bedeutungszuweisung ist relativ früh mit der Wahrnehmung gegeben, und bestimmte Prinzipien wirken sowohl auf der Ebene der Wahrnehmung wie auch der semantischen Verarbeitung, etwa Zentrierung, Perspektivität, Ausgliederung etc. Es finden Figur-Grund-Differenzierungen statt, und es spielen stets die Gestaltfaktoren mit hinein, neben den bekannten auch Tendenzen zur Geschlossenheit und zur Ergänzung. Die Diskussion befindet sich noch in den Anfängen und wird sicher vom Autor noch weiter verfolgt.

In einem Beitrag "Wahrnehmen ist die halbe Kunst" befasst sich Max J. Kobbert mit Wahrnehmung bei der Produktion und Rezeption von Kunst. Gemäß gestalttheoretischer Grundannahmen betont er, dass Wahrnehmung kein passives Aufnehmen, sondern ein aktives Gestalten ist. Um die Schaffung von Kunst abzubilden, greift er auf Ansätze der Chaostheorie und der Kybernetik zurück und betont den Kreislauf zwischen Auswirkung und Rückwirkung, was zu hochkomplexen Ergebnissen führen kann. Speziell auf Kunst angewandt, ergibt sich dabei eine Rückwirkung des Gestalteten auf den Gestalter. Neueren systemtheoretischen Konzeptionen folgt auch die Beobachtung, dass die Interaktion von Auge und Hand nicht einem vorgefertigten Plan folgen, sondern ergebnisoffen ist oder sein sollte. Der dann ‚geordnete' (prägnante) Endzustand ist Ergebnis eines chaotischen Prozesses, der auf einen Attraktor ausgerichtet war. Beim Rezipienten entscheidet seine eigene Interaktion mit dem Kunstwerk darüber, was es ihm bedeutet.

Jaana Utriainen zeichnet in ihrem Beitrag "Development in Gestalttheory applied in Musicology" die Entwicklung der Musikwissenschaft (Musikologie) bis zur heutigen kognitiven Perspektive nach und zeigt die jeweiligen gestalttheoretischen Beiträge bzw. die Anregungen, die von Gestalttheoretikern ausgingen. Der Bahn brechende Artikel von Christian von Ehrenfels stellte dabei den entscheidenden Anstoß dar, zumal der Autor seine Grundgedanken in der Hauptsache an der Melodie als einem Prototyp einer Gestalt verdeutlicht hat. Zwar stand in der gestalttheoretischen Entwicklung die visuelle Wahrnehmung (und die Gestaltfaktoren der Wahrnehmung) im Vordergrund, die Nähe zur Musik war aber stets evident, was sich auch in vielen unmittelbar mit Musik befassten Untersuchungen (z.B. Rhythmus) zeigte. Die Gestaltfaktoren galten auch für Sukzessivgestalten. Auch die neuere kognitivistisch orientierte Entwicklung basiert zumindest teilweise auf gestalttheoretischen Grundlagen, wie etwa die Gestalt-Schema-Repräsentation, aber auch selbstorganisatorische Prozesse, zum Teil im subsymbolischen Bereich. Die Autorin kann viele neuere Theorieansätze erwähnen, fragt sich aber, ob für die weitere Entwicklung so bedeutsame Beiträge wie die von Christian von Ehrenfels und von Max Wertheimer zu erwarten sind.

Marianne Soff befasst sich in ihrem zweiten Beitrag (Gestalttheorie in der Lehrerausbildung - Einige erziehungspychologische Konsequenzen) mit Erziehungspsychologie, einem Teil der Pädagogischen Psychologie, der sich mit nicht-symmetrischen Interaktionen zwischen zwei Menschen befasst, wobei ein Erziehender einen zu Erziehenden auf geeignete Weise einem Erziehungsziel näher zu bringen versucht. Gestalttheoretische Positionen zur Beschreibung solcher Prozesse stehen mechanistischen und behavioristischen Auffassungen entgegen. Die Gestalttheorie fasst das Individuum auch innerhalb seiner sozialen Bezüge als offenes System auf, mit starken Tendenzen zu Selbstorganisation und Weiterentwicklung. Im Rahmen von Erziehung ergeben sich beim Versuch, diese Selbstorganisation zu fördern, einige Folgerungen, wie etwa, die Würde des Kindes zu wahren, es zu ermutigen, sein Zugehö-rigkeitsgefühl zu fördern. Dabei sollten einige weitere Prinzipien beachtet werden, die Metz-ger als Kennzeichen der ‚Arbeit am Lebendigen' zusammengefasst hat.

Den Band schließt ein Artikel von Fiorenca Toccafondi und Rosamaria Valdevit über "Gestaltpsychologie in Italien" ab. In Italien haben sehr früh gestalttheoretische Erkenntnisse Eingang in Forschung und Diskussion (der Philosophie, der Wahrnehmungspsychologie, der Ästhetik u.a.) gefunden und wurden fruchtbar weiterentwickelt, möglicherweise stärker als in den deutschsprachigen Ländern. Es gab auch viele Kooperationen mit deutschen Gestalttheo-retikern, früher mit Wolfgang Metzger, später mit Michael Stadler. Einflussreiche italienische Forscher im frühen und mittleren 20. Jahrhundert waren etwa Benussi, Musatti, Metelli, Kanisza u.a. Letzterer wurde wohl besonders durch das virtuelle Dreieck bekannt, das seinen Namen trägt: Eine physisch nicht vorhandene Figur, die keine Kontur hat, aber dennoch einen lebhaften Wahrnehmungseindruck hervorruft. Zwar waren und sind viele Lehrstühle durch ausgewiesene Gestalttheoretiker besetzt (Galli, Zanforlin, Vicario, Bozzi, Savardi,; als Mit-glieder der folgenden Generation sind M. Sinico, A. Zuczkowski, I. Bancchi zu nennen), die Professuren sind aber meist anders etikettiert. Allerdings gab es - wie der Artikel nachweist - offensichtlich viele implizite Einflüsse der Gestalttheorie in verschiedenen Wissenschaften. Dies drückt ein Zitat von M. Sinico am Ende des Beitrags aus: Es sei für italienische Forscher nicht leicht, sich Gestalttheoretiker zu nennen, aber auch schwierig, es nicht zu sein.